Ein kritischer Überblick der geplanten Änderungen des deutschen Konsumcannabisgesetzes KCanG
Die geplanten Änderungen des im April in Kraft getretenen KCanG bringen neue Herausforderungen für Cannabisanbauvereinigungen. Erfahren Sie mehr über die rechtlichen Aspekte und die Verfassungsmäßigkeit dieser Änderungen.
Einleitung
Das Bundesgesundheitsministerium hat nach den Absprachen zwischen Bundesregierung und Ländern einen Entwurf zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) vorgestellt, der bereits ab Juli 2024 wirksam werden soll.
Mit den geplanten Änderungen des deutschen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) stehen Cannabisanbauvereinigungen vor signifikanten Neuerungen.
Diese Änderungen sind darauf ausgerichtet, den regulatorischen Rahmen flexibler zu gestalten und gleichzeitig die Kontrolle über den nicht-kommerziellen Anbau von Cannabis zu stärken. Doch wie stehen diese Änderungen im Einklang mit der deutschen Verfassung? In diesem Blog werfen wir einen kritischen Blick auf die geplanten Modifikationen und deren verfassungsrechtliche Tragweite.
Die geplanten Änderungen des KCanG im Detail
1. Flexibilisierung der Kontrollen
Die Bundesregierung plant, die strikt jährlichen Kontrollen der Cannabisanbauvereinigungen zu flexibilisieren. Künftig sollen Überwachungsbehörden die Kontrollfrequenz an die lokale Risikolage anpassen, was eine effizientere Nutzung der Ressourcen und eine bessere Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten ermöglichen soll.
2. Erweiterung der Evaluationsmaßnahmen
Eine bedeutende Neuerung ist die Ausweitung der Evaluationsmaßnahmen, um die Auswirkungen des Gesetzes umfassend zu analysieren. Dies schließt nun auch die Überprüfung der Besitz- und Weitergabemengen ein, um eine fundierte Datenbasis für zukünftige Anpassungen zu schaffen.
3. Weiterbildungsangebote und Suchtprävention
Ein neuer Aspekt der Gesetzesänderungen ist das verstärkte Angebot an Weiterbildungen für Suchtpräventionsfachkräfte durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Ziel ist es, das Bewusstsein und die präventiven Maßnahmen bezüglich des Cannabisgebrauchs zu verbessern.
4. Räumliche Einschränkungen und Erlaubniserteilung
Eine kritische Änderung betrifft die räumliche Trennung der Anbauflächen. Anbauvereinigungen wird die Erlaubnis verwehrt, wenn sich ihre Flächen innerhalb des Besitztums einer anderen Vereinigung befinden. Zusätzlich erhalten Behörden Ermessensspielraum, um eine Konzentration von Anbauflächen zu verhindern, insbesondere wenn Anbauflächen baulich verbunden sind.
Dies gilt für den Fall, wenn die Anbauflächen der Anbauvereinigung mit Anbauflächen anderer Anbauvereinigungen verbunden sind, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht sind. Die Regelung reicht allerdings noch weiter und ermöglicht auch eine Versagung, wenn sich Anbauflächen einer Anbauvereinigung in unmittelbarer räumlicher Nähe zu Anbauflächen anderer Anbauvereinigungen befinden.
Diese Maßnahme soll die klare Abgrenzung insbesondere der Anbauflächen und Gewächshäuser verschiedener Anbauvereinigungen sicherstellen und damit die Überwachung erleichtern. So sollen kommerzielle „Plantagen“ und vergleichbare Großanbauflächen für Cannabis ausgeschlossen werden, die dem erklärten Zweck eines kleinräumigen, nichtgewerblichen Eigenanbaus zum Eigenkonsum durch die aktive Mitarbeit der Mitglieder der jeweiligen Anbauvereinigungen entgegenstehen würden.
Die für die Erlaubnis zuständige Behörde hat bei der Ausübung ihres Ermessens die Umstände des jeweiligen Einzelfalles angemessen zu berücksichtigen, insbesondere die räumlichen Gegebenheiten vor Ort sowie die Größe der jeweiligen Anbauflächen oder Gewächshäuser.
5. Verbot von Doppeltätigkeiten
Die neuen Regelungen untersagen es Anbauvereinigungen, denselben Dienstleister für mehr als eine Art von Tätigkeit zu engagieren, die nicht direkt mit dem Anbau oder der Weitergabe von Cannabis verbunden ist.
Mit der Regelung sollen gewerbliche Geschäftsmodelle verhindert werden, die auf Großanbauflächen mit gebündelten Paketleistungen für Anbauvereinigungen basieren. Vermieden werden soll beispielsweise, dass etwaige Vertragspartner bei der Anmietung von Objekten zum Zwecke des Anbaus zugleich Vermieter, Energielieferant oder die für Objektsicherheit verantwortlichen Personen sein können, etwa in Form der Bereitstellung von vollständig mit Heiz-, Beleuchtungs-, Bewässerungs- und Kameratechnik ausgestatteten Anbauflächen für eine Vielzahl von Anbauvereinigungen im jeweils selben Objekt.
Kritische Bewertung der Verfassungsmäßigkeit
Die geplanten Änderungen werfen mehrere verfassungsrechtliche Fragen auf:
- Privatautonomie und Gleichheitsgrundsatz: Die räumlichen Einschränkungen könnten die Autonomie der Vereine und die Gleichbehandlung beeinträchtigen, Anbauvereinigungen, die sich in der Nähe anderer befinden oder baulich verbunden sind, benachteiligt werden, ohne dafür sachliche Gründe vorzubringen.
- Verhältnismäßigkeitsprinzip: Die Änderungen könnten unverhältnismäßig sein, da sie den Bundesländern zu viel Ermessen überlassen und nicht bundeseinheitlich das Ziel der Großanbauverhinderung sicherstellen.
- Verstoß gegen Berufsfreiheit: Die Bestimmung verbietet Anbauvereinigungen nicht nur, bestimmte Paketleistungen von einem Unternehmen zu beziehen, sondern verhindert auch die Möglichkeit, dass ein Unternehmen solche Dienstleistungen überhaupt anbieten und sein Geschäft betreiben kann. Das Verbot, verschiedene Dienstleistungen von einem Anbieter zu beziehen, könnte zu einem faktischen Berufsverbot für bestimmte Dienstleister führen.
- Gesetzesänderung zu einschränkend: Die geplante Änderung geht deutlich über den Wortlaut der Protokollerklärung („Vielzahl von Anbauvereinigungen“), da die Möglichkeit der Versagung der Anbauerlaubnis besteht, selbst wenn mehr als eine Anbauvereinigung am selben Ort bzw. im selben Objekt einen ansonsten gesetzeskonformen Anbau plant.
- Ziele des Gesetzgebers: Die Regelung läuft den Zielen des CanG – insbesondere dem Jugend- und Konsumentenschutz und der Zurückdrängung des Schwarzmarktes – zuwider.
Fazit
Die Flexibilisierung bestimmter Vorschriften und die Erweiterung präventiver Maßnahmen sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Doch die umfassenden räumlichen und operativen Einschränkungen werfen erhebliche Fragen zur Verfassungsmäßigkeit auf. Entscheidend wird sein, wie diese Änderungen umgesetzt werden und welche rechtlichen Herausforderungen sich daraus für Cannabisanbauvereinigungen ergeben.
Somit bleibt es abzuwarten, ob der Beschluss des Änderungsgesetzes in der Sitzungswoche des Bundestags vom 13. – 17.05.2024 tatsächlich in der bisher veröffentlichten Form beschlossen wird oder ob der Gesetzgeber die Bedenken der Branche berücksichtigt und praxistauglichere Regelungen beschließt.
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